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Mittwoch, 20. Mai 2015

Sport ist Mord? So tickt der Dessauer...


Die Stadt Dessau-Roßlau, offiziell 83.616 Einwohner (Stand: Dez. 2013) ist die drittgrößte Stadt in Sachsen-Anhalt und die 97. größte Stadt in ganz Deutschland. Noch vor 30 Jahren hatte Dessau über 105.000 Einwohner, doch mittlerweile zieht es viele Menschen zum Arbeiten oder zum Studieren in den Westen, oder in nahgelegene Großstädte wie Magdeburg, Dresden oder Leipzig. Inzwischen sind wir mit Sportstadt Dessau-Roßlau fast zwei Jahre aktiv und besuchten knapp 415 Sportveranstaltungen. Aufgrund vieler Erfahrungen und gesammelten Eindrücken versuchen wir nun die Lage in Dessau-Roßlau bezogen auf den Sport ein wenig zu beurteilen und zu beschreiben.

Achtung! Es handelt sich diesmal nicht wie gewohnt um eine objektive Berichterstattung, sondern um einen Text mit subjektiver Kritik. Nicht jeder wird diese Ansichten teilen. Das nur im voraus.

Sport in Dessau-Roßlau: So tickt der Dessauer.
Neulich bei einem Gespräch zwischen Anton B. (Name von der Redaktion geändert), stellte dieser mir die Frage: "Sag mal, warum hat Dessau überhaupt das Paul-Greifzu Stadion und die Anhalt-Arena? Sind doch eh nie viele Zuschauer da." Ich antwortete nach kurzer Überlegung erstmal mit: "Die beiden Sportstätten stören doch niemanden, wieso sollte es die nicht geben"... ohne dabei genauer auf seine Fragen einzugehen. Im Prinzip hat er zumindest beim Paul-Greifzu-Stadion Recht. Das Stadion ist so gut wie nie ausgelastet, wird aber dennoch benötigt, da unser Sportdirektor Ralph Hirsch jährlich eines der größten Leichtathletik-Meetings in Deutschland dort stattfinden lässt. Die 5-7000 Zuschauer brauchen schon ein ordentliches Stadion. Zum Thema Anhalt-Arena. Die ehemalige ZAB-Halle ist mittlerweile meiner Meinung nach sogar das Aushängeschild unserer Stadt. Hier finden nicht nur die Heimspiele des DRHV 06, sondern auch Boxveranstaltungen, Musikveranstaltungen, Leichtathletik-Veranstaltungen oder Internationale Fußball und Handballturniere, sowie Länderspiele statt. Ohne die Anhalt-Arena könnte man den Sport in Dessau definitiv auf ein Minimum reduzieren. Erst letztens erreichte man im Ligabetrieb eines DRHV06-Spiels knapp 1700 Zuschauer und zu Länderspielen im Handball ist die Halle meistens ausverkauft. 
Soviel zu den wichtigsten Sportstätten in unserer Stadt.

Neulich fand das Fußballderby in der Landesklasse 5 zwischen dem TSV 1894 Mosigkau und dem ESV Lokomotive Dessau statt und das an einem Sonntag. Viele junge Spieler in beiden Teams. Kann man demnach auch mit vielen jungen Zuschauern rechnen? Nein! Letztendlich fanden ca. 180 Zuschauer den Weg zum Spiel. Kein schlechter Wert in dieser Liga, dennoch ein ziemlich traurig. Von den 180 Zuschauern waren mindestens 150 über 50 Jahre alt. Wo ist die Jugend?! Interessiert sich niemand für den lokalen Fußball?! Kein anderes Spiel in der näheren Umgebung stand an. Naja...auf dem Heimweg hielt ich dann jedenfalls kurz bei McDonalds an, denn aufgrund des engen Terminplans, fand ich keine Zeit fürs Kochen (obwohl ich das Gerüchten zu Folge sehr gut kann!). Was ist denn hier los? Man könnte denken, dass hier eine große sportliche Veranstaltung stattfindet. Eine Schlange bis fast nach draußen, die Tische fest in der Hand von Jugendlichen Banden. Ab und zu der ein oder andere Cheeseburger am Platz, ansonsten schaut man sich auf dem Handy die Partybilder der letzten Nacht an. Wieso zieht McDonalds mehr Jugendliche an, als die Sportveranstaltungen in Dessau-Roßlau?! 

Auch im Rathaus Center das gleiche Phänomen. Die Jugendlichen laufen von oben nach unten, von hinten nach vorne, sitzen auf den Bänken herum und gammeln. Das Handy stets in der Hand, der Blick gilt dem hübschen Mädel oder dem hübschen Kerl, der gerade vorbeiläuft.

Warum trifft man die Jugendlichen nicht mehr auf Sportplätzen oder Sporthallen, sondern bei McDonals oder im Rathaus Center? Ein kurzer Fakt hierzu: Vor 10-15 Jahren gab es im Fußball noch fast 20 A-Jugend-Teams Dessau-Roßlau & Umgebung (Alter 16-18). Die Hallenkreismeisterschaft 2015 bestand nur noch aus VIER! Teams. Das Team aus Wittenberg/Piesteritz fuhr den weiten Weg nach Dessau, weil sie im Kreis Wittenberg die einzige Mannschaft sind. Dies ist natürlich eine traurige Entwicklung. Spricht man mit den Vereinen, Spielern und Funktionären, wird das Thema oft nicht wirklich ernst genommen, oder man kommt mit der üblichen "Die Jugendlichen ziehen alle weg von Dessau, hier gibt es doch keine ordentlichen Arbeitsplätze". Das mag vielleicht stimmen, dennoch sehe ich das persönlich nicht als Hauptgrund an. Vielmehr liegt es anscheinend dadran, dass die Leute nur noch am Handy oder an der Konsole hängen, mit ihrer Freundin oder dem Freund beschäftigt sind, oder einfach nur faul geworden sind. Zu meiner Zeit als Jugendlicher spielten wir 2-3 mal in der Woche auf dem Sportplatz (in Roßlau damals). Handys zur Absprache hatte niemand. Man kam einfach auf den Sportplatz und dort tummelten sich dann schon 10-15 andere Kicker. Und heute? Niemand da! Wo sind die Sportverrückten Jungs und Mädels, die genauso ticken?! Es gibt sie nicht mehr, oder nur noch selten. Dies ist zumindest ein Ansatz, eine Teilerklärung dafür, dass nur wenige Jugendliche den Weg auf die Sportplätze finden. Einige Leute werden mir sicher Recht geben, wenn ich behaupte, dass man an einem sportlichen Wochenende von Freitag bis Sonntag, bei jeder Sportveranstaltung immer wieder die gleichen Pappenheimer antrifft.

Und wie sieht es mit dem Rest aus? Die älteren Bürger? Mein Eindruck ist es, dass die Zuschauerzahlen in jeder Sportart zurückgegangen sind. Sei es Fußball, Handball, Basketball oder Volleyball. Überall erzählen sie mir, dass früher viel mehr Zuschauer anwesend waren, mehr freiwilige Helfer usw. usf. Doch woran liegt das? Waren die Sportvereine damals erfolgreicher? Zum Teil ja, aber ich denke, dass das nicht hauptsächlich der Grund ist. Ist der Eintritt teuer als damals? Auch das wird so sein, aber ebenfalls glaube ich nicht, dass der Eintrittspreis ein Hauptgrund für die sinkenden Zuschauerzahlen ist. Ich vermute, es ist eine komplette Generation, die langsam aber sicher wegbricht. Ein Beispiel: Neulich war ich bei unseren Freunden von Grün-Weiß Dessau beim Fußball. Nicht viele Zuschauer, doch der ein oder andere ältere Herr mit Hut und Stock sitzt am Seitenrand. "Die kommen schon seit 40 Jahren. Früher waren das dreimal so viele, aber mittlerweile sind etliche gestorben oder sind krank." erzählt mir ein guter Freund vom Verein. Und das glaub ich auch. Gleiches konnte ich auch schon beim SV Germania 08 Roßlau beobachten. Diese Herren kamen zu jedem Spiel. Der Fußballsamstag (oder Sonntag) war in jeder Woche fest eingeplant. Es gehörte halt dazu, dass man sich einmal in der Woche beim Fußball trifft. Ähnlich wie das bei manchen Dortvereinen (die ja leider auch größtenteils am aussterben sind) heutzutage immer noch der Fall ist. Doch irgendwann werden diese Leute halt auch älter, können nicht mehr zu jedem Spiel kommen. Das ist völlig normal. Nur wächst da keine neue Generation, die die gleiche Einstellung und Mentalität an den Tag legt.

Desweiteren besteht bei vielen Personen ein grundsätzliches Interesse am Sport. Auf Facebook, Instagram und im TV wird man ja quasi dazu gezwungen Bayernfan oder Dortmundfans zu werden, Formel 1-Fan, oder was auch immer. Ich kenne jedenfalls viele, die regelmäßig Bundesliga schauen, aber noch nie bei einer örtlichen Sportveranstaltung waren.

Fazit:
Zusammengefasst behaupte ich, dass ein deutlicher Zuschauerrückgang in allen Bereichen des Sports zu verzeichnen ist. Demnach auch besteht auch weniger Interesse an den Sportvereinen und auch den sonstigen örtlichen Sportveranstaltungen (Ausnahmen gibt es natürlich). Auch die Mitgliederzahlen wachsen in den seltensten Fällen. Und dafür mache ich nicht die fehlende wirtschaftliche Struktur in unserer Stadt verantwortlich, sondern einzig und allein die Einstellung der hier lebenden Menschen.

Vielen Dank fürs Lesen.
Wer gerne seine eigene Meinung zu diesem Thema loswerden möchte, kann diese bei Facebook als Kommentar unter dem Beitrag schreiben. Wem dieser Artikel gefallen hat: Verpasst nicht den zweiten Teil, indem wir uns damit beschäftigen, wie das Problem (wenn es denn als solches angesehen wird) zu lösen ist und welche Sportveranstaltungen in Dessau beliebt sind und welche nicht.
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